04104 Weiterentwicklung der Virtualisierungsarchitektur von Rechenzentren
Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die Potenziale und Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der Virtualisierungsarchitektur in Rechenzentren von Krankenhäusern. Eine Rechenzentrums-Modernisierung ermöglicht den Aufbau einer zukunftsfähigen Infrastruktur, die auf Flexibilität und Skalierbarkeit vorbereitet ist.
Doch auch die Herausforderungen und Fallstricke werden benannt – schließlich müssen neue Rechenzentrumsstrategien im laufenden Krankenhausbetrieb umgesetzt werden, um den klinischen Betrieb möglichst nicht zu stören.
Der Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie eine bestehende Architektur bewerten und eine fundierte Entscheidung über eine Modernisierung treffen können. Arbeitshilfen: von: |
Inhaltsüberblick
In diesem Abschnitt erfahren Sie, mit welchen wichtigen Veränderungen IT-Verantwortliche im Krankenhaus durch die Übernahme von VMware durch Broadcom konfrontiert werden können.
Welche Modernisierungsmöglichkeiten sich bieten und welche Faktoren eine Entscheidung dafür oder dagegen beeinflussen wird in diesem Abschnitt beschrieben. Es werden Methoden vorgestellt, wie vorgegangen werden muss, um etwaige Modernisierungen umzusetzen.
In diesem Abschnitt werden die Grundmodelle zur Nutzung von Cloud-Infrastrukturen erläutert und verschiedene Services und Anbieter vorgestellt.
Hier erfahren Sie, wie Sie vorgehen, wenn Sie eine vorhandene Virtualisierungsstruktur im Hinblick auf eine mögliche Modernisierung bewerten möchten. Die Arbeitshilfe können Sie als Checkliste dafür nutzen.
1 Aktuelle Situation im Virtualisierungs-Umfeld
Rechenzentren in Krankenhäusern sind das Rückgrat der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Mit der stetigen Veränderung der vernetzten Medizinprodukte und der Einführung von KI in klinischen Prozessen steigt der Bedarf an zentraler Rechenleistung überdurchschnittlich an. Es werden immer mehr und immer größere Klinikrechenzentren gebaut. Nicht nur der Bedarf an Strom und natürlichen Ressourcen wächst und wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Zeitgleich gibt es eine Disruption im Umfeld der Servervirtualisierung nach Übernahme von VMware durch Broadcom.
Die Herausforderungen sind – neben den Auswirkungen auf die Umwelt – neue Rechenzentrumsstrategien im laufenden Krankenhausbetrieb umzusetzen und die Auswirkungen der Anpassungen bei der Servervirtualisierung auf den klinischen Betrieb möglichst gering zu halten.
Die Übernahme von VMware durch Broadcom im Jahr 2024 hat insbesondere für Krankenhausrechenzentren und die IT-Landschaft erhebliche Auswirkungen. Bisher war VMware der unangefochtene Marktführer im Bereich Virtualisierung. Nach aktuellem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass von den über 4.000 Partnern in Deutschland lediglich 33 übrig bleiben, die nun alle bisherigen VMware-Klinikkunden bedienen werden. Ein weiteres Problem stellt die Evaluierung medizinischer Software (Software als Medizinprodukt) auf einer stabilen Virtualisierungssoftware (bisher VMware) beim Hersteller dar.
Bis 2028 werden Störungen auf dem Markt für Servervirtualisierung vermutlich mehr als 60 % der Kliniken dazu veranlassen, ihre Migration in die Public Cloud zu beschleunigen und die Revirtualisierung virtueller Workloads (z. B. durch Verschieben von eigenen lokalen VMware Servern in eine Cloud mit VMware-Servern) in Erwägung zu ziehen.
Diese Störungen kommen zu einer Zeit, in der viele Krankenhäuser angesichts der Krankenhausreform mit seinem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und wirtschaftlichen Turbulenzen bei den Medizinprodukteherstellern zunehmend unter dem Druck stehen, ihre Krankenhauserlöse (Gewinne) zu optimieren. Preissteigerungen (Energie, Medizinprodukte, Personalkosten usw.), der in vielen Branchen forcierte Ausstieg aus der unbefristeten Lizenzierung und die Umstrukturierung von Verträgen mit VMware machen es für die IT-Abteilungen noch schwieriger, ihr von der Krankenhausverwaltung zugewiesenes Budget auszugleichen.
Darüber hinaus stehen IT-Führungskräfte vor der Herausforderung, den Anforderungen moderner Workloads gerecht zu werden. Innovationen, die durch generative KI in der Medizinischen Software (z. B. automatische radiologische Bildbefundung) vorangetrieben werden, verschieben die Grenzen der heutigen Infrastruktur. KI-basierte Anwendungen und Workloads erfordern neue und flexiblere Architekturparadigmen, einschließlich Public Clouds und Containern.
1.1 Wichtige Veränderungen
Der Umstieg auf neue Virtualisierungsplattformen im Krankenhaus ist daher nicht einfach umzusetzen und setzt eine Zusammenarbeit mit dem Medizinproduktehersteller voraus. Wichtige Veränderungen mit denen IT-Verantwortliche im Krankenhaus im Kontext der Übernahme von VMware durch Broadcom konfrontiert werden sind (Beispiele):
• | Lizenzmodelländerungen: Broadcom hat das Lizenzmodell von VMware stark verändert. Dauerlizenzen wurden abgeschafft und durch ein Abonnementmodell ersetzt. Dies bedeutet, dass Unternehmen nun jährliche oder mehrjährige Abonnements abschließen müssen, was zu höheren Kosten führen kann. |
• | Produktänderungen: Broadcom plant, das Produktportfolio von VMware zu straffen und viele Produkte einzustellen oder zu ändern. Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen ihre IT-Infrastruktur anpassen und sich mit den Medizinprodukteherstellern ins Benehmen setzen müssen, um mit den neuen Produkten kompatibel zu bleiben, sofern diese ausschließlich auf VMware Plattformen validiert wurden. |
• | Personalabbau: Die Übernahme führte zu einem erheblichen Personalabbau bei VMware. Mehr als 1.200 Mitarbeiter wurden entlassen, und weitere Entlassungen sind geplant. Dies könnte die Unterstützung und Weiterentwicklung von VMware-Produkten beeinträchtigen. |
• | Partnerverträge: Viele Partnerverträge von externen IT-Dienstleistern wurden gekündigt, was zu Unsicherheit in den Krankenhäusern führt. Gesundheitsunternehmen müssen möglicherweise neue Partnerschaften eingehen oder ihre bestehenden Verträge neu verhandeln bei gleichzeitiger Veränderung der Krankenhauslandschaft (Krankenhausreform). |
• | Fokus auf Cloud-Lösungen: Broadcom legt einen stärkeren Fokus auf Cloud-Lösungen wie VMware Cloud Foundation und VMware vSphere Foundation. Dies könnte für größere Kliniken, die bereits in Cloud-Technologien investiert haben, von Vorteil sein, allerdings gibt es noch keine Finanzierungsbeispiel, um zukünftige Cloud-Kosten abschätzen zu können. |
Krankenhausrechenzentren und IT-Abteilungen müssen sich auf diese Veränderungen einstellen und ihre Strategien zur Virtualisierung neu überdenken und entsprechend anpassen. Gegebenenfalls müssen neue externe Partner gesucht werden, die das Krankenhaus strategisch beraten.
1.2 Cloudbetrieb als mögliche Alternative
Angesichts der zu erwartenden Mehrkosten durch die Umstellung des VMware-Lizenzmodells lohnt es sich, außerhalb der eigenen, lokal betriebenen Krankenhausinfrastrukturen nach alternativen Möglichkeiten zu suchen. Cloud-Lösungen können eine bessere Kosteneffizienz bieten. Statt hoher Investitionskosten für Hardware (neue Racks und Server) und Software (alternative Virtualisierungsplattformen) fallen in der Cloud hauptsächlich Betriebskosten (OPEX – Operational Expenditure) an. Das bedeutet, es fallen nur Kosten für die Ressourcen an, die tatsächlich in der Cloud genutzt werden. Durch die Cloudnutzung ist eine transpatente Budgetplanung möglich und das finanzielle Risiko kann reduziert werden.
2 Weiterentwicklung der Virtualisierung: Faktoren und Möglichkeiten
Eine zukunftsfähige Rechenzentrums-Modernisierung ermöglicht den Aufbau einer Infrastruktur, die auf zukünftige Flexibilität und Skalierbarkeit im Krankenhaus vorbereitet ist. Einige Kliniken haben in den letzten Jahren mit der Modernisierung begonnen. Der Wechsel zur Public Cloud und zu Containern kann jedoch kostspielig und komplex sein, insbesondere wenn die kaufmännischen und medizinischen Anwendungen angepasst werden müssen. Krankenhäuser haben sich aus gutem Grund dafür entschieden, bestimmte Anwendungen lokal auf virtuellen Servern und Systemen (VMs) zu speichern.
Angesichts des stetigen Wachstums der KI/ML-Workloads in der Medizin und der medizinischen Forschung sehen sich viele IT-Führungskräfte veranlasst, ihre Systeme flexibler und skalierbarer zu gestalten. Der Weg zur Modernisierung ist für jedes Krankenhaus/Klinikum unterschiedlich und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst (Beispiele):
• | Risikotoleranz |
• | Budget |
• | Verfügbare Ressourcen |
• | Beteiligung der Führungskräfte |
• | Nachfrage interner und externer Stakeholder |
Der Weg zur Modernisierung hängt von den krankenhausspezifischen individuellen Workloads und Anwendungen ab, die vornehmlich im klinischen Bereich eingesetzt werden. Dieser Ansatz sollte nicht als Universallösung betrachtet werden, sondern als eine Reihe von Optionen, von denen jede ihre eigenen Stärken und Schwächen, Risiken und Chancen hat. Abbildung 1 stellt ein mögliches Beispiel einer Modernisierung der Virtualisierung mit vier Optionen unter Berücksichtigungen der technischen Strategiemöglichkeiten (Spektren) dar
Abb. 1: Moderne Virtualisierungsmatrix für ein Krankenhaus mit vier möglichen Optionen
2.1 Vorgehen
Zunächst sind eine Analyse und Feststellung der digitalen Reife des Rechenzentrums erforderlich. Hier kann das Reifegradmodell EMRAM von HIMSS hilfreich sein, aber ebenso ist eine Beratung durch einen VMware-Architekten sinnvoll. Danach kann eine bestehende VMware-Umgebung optimiert werden, während parallel nach Alternativen zu anderen Virtualisierungslösungen gesucht wird.
Festzustellen ist, ob die aktuelle VM-Umgebung voll ausgeschöpft wird und alle vorhandenen Virtualisierungsressourcen effizient genutzt werden. Darüber hinaus kennzeichnen folgende Schwerpunkte einen möglichen Zwischenschritt (Beispiele):
2.1.1 Konsolidierung des Clusters
Der Fokus der Betrachtung liegt darauf die Auslastung der ESXi-Hosts regelmäßig zu überprüfen und nicht benötigte virtuelle Maschinen (VMs) oder Datenspeicher zu entfernen. Dazu ist die Anwendung wie VMware vSphere DRS (Distributed Ressource Scheduler) für eine intelligente Ressourcenzuweisung und vSphere Storage DRS für eine optimierte Speicherverwaltung vorteilhaft und führt zu einer schnellen Ergebnisübersicht und Optimierungsunterstützung. Mit einer gezielten Bereinigung der VMware-Umgebung wird der Platz im Rechenzentrum verbessert und die Leistungsfähigkeit der Virtualisierungsplattform gesteigert. Notwendige Änderungen die den Betrieb medizinischer Software (Software als Medizinprodukt) betreffen, werden mit den Medizinprodukteherstellern zusammen besprochen, validiert und dann für den klinischen Weiterbetreib freigegeben.