07512 Vergleich digitaler Befundsysteme mit KI
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In diesem Beitrag werden digitale Befundsysteme mit KI vorgestellt und ein Vergleich der Markführer vorgenommen. Dabei wird eine Entwicklung digitaler Bildbefundung bis hin zur Integration von KI beschrieben und Gemeinsamkeiten, Zielarchitekturen und Technikstände zweier Systeme analysiert. von: |
1 Einleitung
Die Digitalisierung in Krankenhäusern und Kliniken bringt Bildgebungs- und KI-Verfahren zusammen. So entstehen neue Möglichkeiten der computergestützten Diagnostik. Diese Technik wird in den Bereichen Radiologie und Kardiologie eingesetzt. Dort ist es wichtig, große Datenmengen schnell und genau zu interpretieren. So können Patienten besser und ganzheitlicher behandelt werden.
Die medizinischen Evidenzen belegen die Überlegenheit dieser Systeme: In der Radiologie führt die KI-gestützte automatisierte Quantifizierung (z. B. präzise Lungenvolumetrie) und die intelligente Triage von Notfalldiagnostik (z. B. Echtzeit-Detektion intrakranieller Blutungen) zu einer Steigerung der diagnostischen Qualitätssicherung. Durch die Eliminierung der Inter-Observer-Variabilität und die Reduktion der Fehleranfälligkeit unter hohem Falldruck avancieren diese Systeme zu einem Sicherheitsmechanismus.
In der Kardiologie ist die KI-Integration nützlich für die objektive, reproduzierbare Funktionsanalyse komplexer medizinischer Untersuchungsverfahren. Bei der Kardio-MRT, der digitalen Subtraktionsangiografie (DSA) während der Linksherzkatheter-Untersuchung und der Echokardiographie ermöglichen KI-Tools zum Beispiel, die automatisierte Herzkammer-Segmentierung zur hochpräzisen Bestimmung der Ejektionsfraktion und anderer Volumina des linken Ventrikels. Selbst in der Ultraschalldiagnostik, deren Ergebnisse stark von der Bedienabhängigkeit des Anwenders beeinflusst werden, dienen KI-Module der Standardisierung der Akquisitionsqualität und der automatischen Klassifikation kritischer Strukturen (z. B. TIRADS-Scoring bei Schilddrüsenknoten oder die standardisierte fetale Biometrie).
Um digital strategisch weiterzukommen, müssen technologische Spezialisten und Mediziner im Krankenhaus zusammenarbeiten. Wichtig ist auch, dass in diesem komplexen Modernisierungsprozess die Mitarbeiter mitbestimmen können und mit abgeholt werden (Mitarbeiter-Changemanagement-Prozess).
2 Entwicklung der digitalen Bildbefundung
Die Einführung des DICOM-Standards (Digital Imaging and Communications in Medicine) und der PACS-Architekturen (Picture Archiving and Communication System) in den 1990er Jahren eliminierte die analoge Filmverarbeitung und schuf die notwendige digitale Datenbasis (PACS als zentrales, hochverfügbares Repository für Bilddaten im DICOM-Standard). Damit wurde die Basis für einen vollständig digitalen, standortunabhängigen Behandlungsworkflow gelegt.
Die damaligen Viewer- und Befundungssysteme der Hersteller [z. B. Siemens' syngo.via-Plattform und die frühen Philips IntelliSpace-Lösungen] fokussierten zunächst auf die Verfügbarkeit der Bilddaten und die Optimierung des klinischen Workflows durch Teleradiologie- und Spracherkennungskomponenten, als sogenannte fortschrittliche Visualisierung.
Die jetzige Verbindung von digitalen Befundsystemen und künstlicher Intelligenz (KI) in einem System, zum Beispiel dem AI-Rad Companion von Siemens Healthineers oder dem AI-Manager von Philips Healthcare, ist ein wichtiger Schritt in der digitalen Entwicklung von Krankenhäusern. Diese tiefgreifende Umstrukturierung wird in Deutschland durch die Investitionsanreize des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) katalysiert. Die Implementierung von PACS-Architekturen lieferte dabei lediglich die infrastrukturelle, DICOM-konforme Voraussetzung. Erst die Verbesserung der digitalen Befundungssysteme mittels KI-Algorithmen transformiert den generierten digitalen Datenfluss von reiner Verwaltung in eine klinisch-diagnostische Wertschöpfung.
Steuerung durch KI-Module
Die Systeme werden durch KI-Module gesteuert. Diese Algorithmen analysieren Bilder mit einer Präzision und Geschwindigkeit, die besser ist als die von Menschen. Die künstliche Intelligenz hilft dabei, Notfälle zu sortieren, pathologische Strukturen zu messen und Läsionen einzuordnen. So werden Befunde schneller und genauer. Die Technik entwickelt sich so, dass Bilder nicht nur gespeichert, sondern auch ausgewertet werden.
Die Systeme werden durch KI-Module gesteuert. Diese Algorithmen analysieren Bilder mit einer Präzision und Geschwindigkeit, die besser ist als die von Menschen. Die künstliche Intelligenz hilft dabei, Notfälle zu sortieren, pathologische Strukturen zu messen und Läsionen einzuordnen. So werden Befunde schneller und genauer. Die Technik entwickelt sich so, dass Bilder nicht nur gespeichert, sondern auch ausgewertet werden.
Als globale Innovationstreiber für diese integrierten Systeme treten insbesondere Siemens Healthineers und Philips Healthcare in Erscheinung. Siemens Healthineers manifestiert seine Führungsrolle mit der AI-Rad Companion-Plattform, die modular Algorithmen zur automatisierten Messung und Analyse komplexer Strukturen (etwa zur Bestimmung von Lungenvolumina oder zur Detektion intrakranieller Läsionen bei CT-Aufnahmen) direkt in den radiologischen Befundungsworkflow implementiert. Im Marktwettbewerb dazu verfolgt Philips Healthcare mit der strategischen Integration der KI in seine IntelliSpace PACS und Vue-PACS Lösungen über die digitale Plattform AI-Manager einen ganzheitlichen Ansatz. Die daraus resultierenden intelligenten Workflow-Lösungen dienen dazu, die digitale Befundung als diagnostischen Mehrwert im gesamten Patientenbehandlungsprozess im Krankenhaus zu orchestrieren.
Die Hersteller dieser Medizinprodukte wollen also mehr als nur Bilder machen. Sie machen aus der alten analogen Bildgebung datengetriebene Ökosysteme, in denen KI-Module die Befundungszeit in Radiologie und Kardiologie verkürzen und durch die Analyse von Krankheitsmerkmalen eine frühere und vorhersagende Diagnostik ermöglichen. Dadurch entwickeln sich digitale Befundsysteme mit KI in ihrer Rolle als technologische Zukunft der medizinischen Bildgebung.
3 Verschiedene Plattform-Strategien
Die aktuelle, technologisch tiefgreifende Unterscheidung zwischen den Plattformen resultiert aus den unterschiedlichen Architekturentscheidungen zur Integration von Künstlicher Intelligenz in diesen etablierten digitalen Workflow:
3.1 Siemens Healthineers: Die Modulare AI-Applikationsplattform (AI-Rad Companion),
Die AI-Rad Companion-Plattform von Siemens Healthineers verfolgt eine Strategie der modularen, App-basierten Augmentierung des radiologischen Befundungsprozesses mit technologischen Teilabschnitten wie (Beispiele):
| • | Technische Architektur: Die Plattform fungiert als ein erweiterbares Framework, das auf Cloud- oder On-Premise-Infrastrukturen betrieben werden kann. Sie nutzt spezialisierte Deep-Learning-Applikationen (Apps), die jeweils zur automatisierten Detektion, Quantifizierung und Klassifikation spezifischer Pathologien oder anatomischer Merkmale in definierten Bilddatensätzen (Slicer) trainiert wurden (z. B. Lungenvolumenmessung, Nierenstein-Detektion usw.). |
| • | Workflow-Integration: Die Algorithmen verarbeiten die DICOM-Bilddaten autonom im Hintergrund. Die Ergebnisse (z. B. automatische Messwerte, 3D-Segmentierungen, strukturierte Berichtsfragmente) werden als sekundäre DICOM-Objekte oder Structured Reports (SR) generiert und dem Radiologen im Viewer zur Überprüfung und Integration in den finalen Befund präsentiert. |
| • | Fokus: Der Schwerpunkt liegt auf der Automatisierung zeitintensiver, repetitiver Mess- und Detektionsaufgaben, um die Effizienz und Reproduzierbarkeit der Befundung zu maximieren. Die Plattform agiert somit als „Augmented Intelligence”-Tool, das den Radiologen mit prä-analysierten Daten versorgt. |
3.2 Philips Healthcare: Die Holistische Workflow-Orchestrierung (AI-Manager & IntelliSpace)
Philips integriert seine KI-Funktionalitäten über die Plattform AI-Manager in seine bestehenden IntelliSpace und Vue-PACS Lösungen und verfolgt dabei eine Strategie der ganzheitlichen (holistischen) radiologischen Workflow-Orchestrierung.
| • | Technische Architektur: Der AI-Manager ist konzeptionell eine Middleware oder eine Workflow-Engine. Anstatt nur Ergebnisse zu generieren, verwaltet diese Plattform den end-to-end Prozess von der Bildakquisition über die KI-Analyse bis zur Arbeitslisten-Steuerung. Sie kann sowohl Philips-eigene als auch Drittanbieter-KI-Algorithmen (im Sinne einer herstellerunabhängigen – vendor-agnostischen Integration) in den Workflow einbinden. |
| • | Workflow-Integration: Der zentrale Algorithmus der technischen Plattform ist die sogenannte intelligente Triage. KI-Algorithmen bewerten eingehende Studien basierend auf potenziell kritischen Befunden (AI-Score) und passen in Echtzeit die Prioritäten der Arbeitslisten an, um lebensrettende Diagnosen zu beschleunigen (Triagierung im Sinne einer medizinischen Dringlichkeit). Darüber hinaus dient die Plattform der Koordination der Datenflüsse zu nachgeschalteten IT-Systemen oder IT-Plattformen (Kardiologie, Onkologie). |
| • | Fokus: Der Schwerpunkt liegt auf der Optimierung des gesamten diagnostischen Pfades, der Risikominderung durch Priorisierung und der Schaffung eines zusammenhängenden (kohärenten), adaptiven klinischen Workflows. |
4 Gemeinsamkeiten und Zielarchitektur der Plattformen
Trotz der divergierenden Architekturen konvergieren Siemens und Philips in ihren Zielsetzungen und der Vision der Zielarchitektur (Beispiele):
Tabelle 1: Vision und Ziele bei Siemens und Philips
Gemeinsamkeit | Technologische Implikation |
|---|---|
Überwindung der Bandbreitenbeschränkung | Beide Plattformen zielen darauf ab, die diagnostische Kapazitätsgrenze des menschlichen Radiologen zu erweitern, indem sie die Time-to-Diagnosis durch Automation und Triage verkürzen. |
Steigerung der Präzision | Die Algorithmen beider Systeme sind darauf trainiert, subtile, nicht-offensichtliche Muster (z. B. Frühzeichen von Demenz oder kardiovaskulären Risiken) zu erkennen, was zur Erhöhung der diagnostischen Sensitivität führen soll. |
Prädiktive und Prognostische Diagnostik | Die Fähigkeit der KI zur Quantifizierung (Volumetrie, Densitometrie) ermöglicht die Ableitung von prädiktiven Biomarkern (Radiomics). Dadurch werden die Befundsysteme von reinen Beschreibungs- zu Risikobewertungstools transformiert. |
Interoperable Zielarchitektur | Beide Hersteller arbeiten darauf hin, dass die KI-Ergebnisse in standardisierten Datenformaten (SR) ausgegeben werden, um eine nahtlose Integration in elektronische Patientenakten (ePA), elektronische medizinische Aufzeichnungsdatenbanken (EMR) und andere klinische Informationssysteme zu gewährleisten. |
Die Entwicklung beider Plattformen belegt den dargestellten Paradigmenwechsel: Die Befundsysteme werden von passiven Datendarstellern zu aktiven, kognitiven Entscheidungshilfen, die die medizinische Relevanz der digitalen Bildgebung neu definieren. Abbildung 1 stellt vereinfacht eine technische Umgebung einer Siemens syngo.via Umgebung mit der Plattform AI-Rad Companion dar. Abbildung 2 stellt vereinfacht die Plattform Philips AI-Manager dar.
